Nicole Brändle – erste Direktorin von HotellerieSuisse: ihre Polit-Ambitionen

Am 1. April 2024 übernimmt Nicole Brändle die Direktion von HotellerieSuisse. Die 44-jährige Zürcherin bringt einen gut gefüllten Rucksack mit Erfahrungen und Fachwissen aus staatlichen und privaten Unternehmen mit. Für fünf ­politische «Schlüsselthemen» haben die neue Direktorin und HotellerieSuisse besondere Ambitionen: Revision der Schweizerischen Gesellschaft für Hotel­kredit, offene Sonntage in Tourismus-Innenstädten, Fachkräfte, CO2-neutrale Hotellerie und das Verhältnis Schweiz-EU. 

HotellerieSuissse kennt die Ökonomin Nicole Brändle bereits sehr gut. Als Mitglied der Geschäftsleitung leitet sie seit 2019 den Bereich Arbeit, Bildung, Politik. Vor ihrer Tätigkeit als Verbandslobbyistin sammelte sie Berufserfahrungen in der Wirtschaftsförderung der Stadt Zürich, bei der Credit Suisse und der Nationalbank. Sie ­studierte an der Universität Zürich Volkswirtschaft und hat ein Executive MBA an der INSEAD Business School in Singapur absolviert. Martin von Moos, seit 1. Januar 2024 Präsident von HotellerieSuissse, meint zur neuen Direktorin, sie sei eine «sehr gut vernetzte und erfahrene Führungskraft», die den Verband und die Branche bestens kenne. «Durch ihre bisherigen Tätigkeiten in der Privatwirtschaft und im öffent­lichen Sektor hat sie vertiefte Kenntnisse in den Be­­reichen Wirtschaft, Politik, Bildung und Finanzen», wird er in der Medienmitteilung zitiert. 

HotellerieSuisse startete das Auswahlverfahren für die Nachfolge des gegenwärtigen Direktors Claude Meier nach dessen Rücktrittsankündigung im August 2023. Das professionelle Verfahren wurde von einem unabhängigen, externen Beratungsunternehmen begleitet. Nicole Brändle setzte sich dabei mit ihren «Kompetenzen und Erfahrungen» gegen eine grosse Anzahl von Mitbewerbenden durch», heisst es in der Medienmitteilung. Das grosse Interesse an der Führungsposition wertet der Verband als Zeichen für das «hohe Ansehen» von HotellerieSuisse als «moderner» und «gut positionierter Verband». 

Politische Schlüsselthemen 2024
Mit der Wahl von Nicole Brändle hat sich der Verbands­vorstand von HotellerieSuisse in gewissem Sinne für Kontinuität entschieden. Auch wenn Nicole Brändle gegenüber «Hotelière» aus nachvollziehbaren Gründen noch kein Gespräch über ihre politischen Schwer­punkte an der Verbandsspitze geben wollte, sind die politischen Prioritäten klar. Im HotellerieSuisse Lobbying-Programm «Politische Schlüsselthemen 2024» hat sie gemeinsam mit dem abtretenden Direktor Claude Meier Schwerpunkte definiert. 

Wie sie die Herausforderungen zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Parlaments angehen will, findet sich ebenfalls im Politikproramm, wofür sie mit Name und Unterschrift steht: «In einer Zeit des Wandels sind wir entschlossen, die Interessen unserer Branche mit Nachdruck zu vertreten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die eine nachhaltige Zukunft der Schweizer Beherbergungsbranche garantieren.»

Ambition: dynamische SGH
Als Rahmen der politischen Verbandsaktivitäten sieht sie den anhaltenden Kostendruck, aber auch die er­­freuliche Entwicklung der Übernachtungszahlen nach der überwundenen Pandemie. Konkret und an vorderster Stelle für das laufende Jahr nennt sie den Start zur Gesetzesrevision der Schweizerischen Ge­­sellschaft für Hotelkredit (SGH) als «Schlüsselthema». HotellerieSuisse will sich für «eine dynamische SGH» einsetzen. So sollen neu die Förderung der städtischen Betriebe durch die SGH (erweiterter Förderperimeter) möglich werden, bei gleichzeitigem Engagement für die Beherbergungsbetriebe im alpinen Raum (z. B. energetische Sanierungen).

Ambition: belebte Innenstädte
Ein zweites «Schlüsselthema» ist die Belebung der Innenstädte mit spezifischen Tourismuszonen. Davon erwarten Brändle und die HotellerieSuisse eine För­derung des «Freizeittourismus». Konkret soll es in den Städten möglich sein, Geschäfte sonntags zu öffnen. Damit würden «gleiche Spielregeln» für alle realisiert; orientiert an den Regeln, wie sie bereits in klassischen Feriendestinationen gelten. Um dieses Ziel zu er­­rei­chen, ist eine «Anpassung des Arbeitsgesetzes» notwendig. Da wartet ein hartes Stück politische Arbeit auf die neue Direktorin. 

Ambition: mehr Fachkräfte
Der Fachkräftemangel, ja der generelle Personal­mangel, bleiben zentrale Herausforderungen des Arbeitsmarktes in der Schweiz. Da die Hotellerie davon besonders betroffen ist, fordert der Verband «gezielte Massnahmen, um das inländische Fach­kräftepotenzial optimal zu nutzen und um die er­­gänzende Rekrutierung von Fachkräften aus dem ­Ausland zu erleichtern». Im Vordergrund stehen günstige Bedingungen für Aus- und Weiterbildung, ein ­flexibler Arbeitsmarkt sowie eine starke Sozialpartnerschaft, um die Attraktivität der Branche zu steigern. Ins Feld der Sozialpartnerschaft gehört auch die Verhandlung eines neuen L-GAV.

Ambition: CO2-Netto-Null-Hotellerie
Nachhaltigkeit ist ein Trumpf für die erfolgreiche Zukunft der Schweizer Hotellerie. Der Verband hat vor zwei Jahren das abgelehnte CO2-Gesetz unterstützt. Im erneuten Anlauf für das CO2-Gesetz, das der Verband erneut unterstützt, sollen nun Anreize gesetzt werden, die durch Förderungen und Investitionen ergänzt werden. Konkret unterstützt werden Inves­titionen für Klimaschutzmassnahmen im Gebäude­bereich. Im Verkehrsbereich wird generell eine «nachhaltige Mobilität» unterstützt. In der Energiepolitik steht der Verband zum Mantelerlass als zentrales ­Instrument für die Energieversorgung der Schweiz mit erneuerbaren Energien sowie zu einem Strom­abkommen mit der EU. Befürwortet werden all diese Bestrebungen, «um das ambitionierte Netto-Null-Ziel» zu erreichen. 

Die neue Direktorin und HotellerieSuisse werden sich in den nächsten Jahren noch mit vielen weiteren «Schlüsselthemen» beschäftigen müssen und wollen: Zweitwohnungsgesetz, Individualbesteuerung, langfristige Sicherung der Altersvorsorge, fairer Wettbewerb im europäischen (Digital-)Markt oder Stärkung der Berufsbildung. 

Generationen-Verpflichtung Schweiz-EU 
Ein besonderes politisches und wirtschaftliches An­­liegen für die Hotellerie ist eine dauerhafte und verlässliche neue Reglung im Verhältnis Schweiz–EU. Anfang des Jahres bedauerte der Verband, dass «noch immer keine Bewegung im Europadossier» festzu­stel­len sei. Das hat sich inzwischen geändert. Die ­Haltung von HotellerieSuisse zum Dossier Schweiz–EU aber ist noch immer die gleiche. «Als offene, inter­national vernetzte Volkswirtschaft ist die Schweiz auf stabile vertragliche Beziehungen mit der EU an­­gewiesen. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit Europa ist unumgänglich.» So analysiert und posi­tioniert sich HotellerieSuisse und will sich für eine «aktive Europapolitik einsetzen». Der Verband appelliert an alle, «die sterilen Parteigrenzen zu überwinden». Es gehe darum, die Zukunft des Wirtschaftsstandorts und den Wohlstand zu sichern. «Das sind wir den künftigen Generationen schuldig.» 

Publiziert wurde das Programm mit den «politischen Schlüsselthemen 2024» am 22. Januar 2024. Unterschrieben haben das Arbeitsprogramm und die Aufforderung anzupacken Claude Meier und Nicole Brändle Schlegel, Leiterin Arbeit, Bildung, Politik. Als neue Direktorin von HotellerieSuisse darf, kann, will und wird Nicole Brändle ab dem 1. April diese Suppe auslöffeln – kein Scherz. 

 

Claude Meier will reisen und sich neu orientieren

Direktor Claude Meier verlässt die Spitze von HotellerieSuisse Ende März auf eigenen Wunsch. Der 45-Jährige hatte diesen Schritt bereits im Juni 2023 angekündigt. Meier leitete die Direktion von HotellerieSuisse seit 2016. Als Schwerpunkte seiner Amtszeit nennt HotellerieSuisse die generelle Modernisierung des Verbandes, den Aufbau des Projekts Bildungslandschaft sowie die Bewältigung der Pandemie. Während der Pandemie haben Claude Meier und seine Nachfolgerin gemeinsam eine «entscheidende Rolle im Krisenmanagement des Verbands und der ganzen Beherbergungsbranche» gespielt, heisst es in der Mitteilung des Verbandes. Zudem würdigt Präsident Martin von Moos das Wirken Meiers: «Wir danken Claude Meier für sein unermüdliches Engagement, dass er während ­seiner Zeit als Direktor stets an den Tag gelegt hat. Claude Meier will nach seinem Ausscheiden eine mehrmonatige Auszeit nehmen und für längere Zeit reisen. Danach will er sich beruflich neu orientieren.

 

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