«Er hat die Lizenz zum Star-Chef»



Patrick Mahler ist seit eineinhalb Jahren der Chef im «Focus» im Parkhotel Vitznau und überrascht sowohl Gäste als auch Kritiker: «Er hat die Lizenz zum Star-Chef», schwärmt Gaul-Millau-Chef Urs Heller. Kein Wunder, kocht der 37-jährige, gebürtige Aargauer bereits auf 18 Punkte- und 2 Sterne-Niveau. Wie lautet seine Küchenphilosophie?


Im Februar dieses Jahres berichtete die «Luzerner Zeitung» über die Verleihung der Michelin-Sterne 2019 im Kunst- und Kulturzentrum Luzern (KKL): Es war der mit Abstand bewegendste Moment im KKL: Patrick Mahler vom Restaurant Focus im Parkhotel Vitznau wurde auf der Bühne empfangen und mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Bereits mit Tränen in den Augen stand er neben der Moderatorin Eva Nidecker. Als sie ihm die erste Frage stellte, übermannten Mahler die Emotionen. Unter Tränen sagte er ins Mikrofon: «Das ist der grösste Moment in meinem Leben.»

Die Kritiker waren skeptisch

Als Patrick Mahler im Frühling 2018 die Nachfolge von Nenad Mlinarevic im Fine-Dining-Restaurant «Focus» antrat, waren die Kritiker skeptisch: Hat der Aargauer die Lizenz zum Starkoch? Schafft er es, schon bald in der Champions League der Schweizer Top-Gastronomie zu kochen, so wie sein Vorgänger?
Die Antwort folgte weniger als ein Jahr später: Im Februar 2019 zeichnete der renommierte Guide Michelin den neuen Chef de Cuisine gleich mit zwei der begehrten Sterne aus. Und der GaultMillau Schweiz bewertet die harmonische Küche mit 17 Punkten.

Start im Kantonsspital Aarau

Patrick Mahlers berufliche Karriere startete im Kantonsspital Aarau und führte ihn unter anderem ins Gourmetrestaurant Lampart‘s sowie ins Albergo Giardino nach Ascona, bevor er den Weg ins Parkhotel Vitznau fand. Sein Stil? «Meine Küche soll offen bleiben für jegliche Inspirationen. Im Mittelpunkt steht das Erlebnis für den Gast.»



Reduktion auf das Essentielle

Gemeinsam mit seinem Talentteam zaubert Mahler fantasievolle Gerichte mit einer Vielfalt an Aromen, feinen Kontrasten und einer klaren Linie. «Dabei konzentrieren wir uns auf das Wesentliche, nämlich die ausgezeichneten internationalen Produkte und ihren Eigengeschmack», so Mahler. Wer zuschauen möchte, wie die Zutaten mit der Pinzette zu filigranen Kunstwerken arrangiert werden, nimmt am besten am «Chef’s Table» mit Blick in die Küche Platz. Die Reduktion auf das Essentielle spiegelt sich nicht nur in der Kulinarik, sondern auch in der schnörkellos-eleganten Innendekoration des Lokals wider. «Die Innerschweizer Bergwelt war Inspirationsquelle für das avantgardistische Design in warmen Farbtönen», so General Manager Urs Langenegger.

«Die Lizenz zum Star-Chef»

Urs Heller, Chef des Gastroführers Gault Millau Schweiz, testete die Küche des talentierten Aargauers im März 2018: «Patrick Mahler hat die Lizenz zum Star-Chef», so Heller in seiner Kritik. «Den direkten Vergleich mit seinem berühmten Vorgänger Nenad Mlinarevic (18 Punkte, zwei Sterne, Trendsetter) muss er nicht fürchten.» Mahler koche laut Heller anders, weniger radikal: «Aber er kocht sehr sorgfältig, klug. Sein erstes Menü ist ein Wohlfühl-Menü ohne Kanten. Umami halt. Mahlers Trick? Er kopiert Nenad nicht. Schon gar nicht im Einkauf. Sein Vorgänger setzte radikal auf Schweizer Produkte. Mahler serviert auch Hamachi, Carabinero, Wagyu.»



Mahlers «erste Sinfonie»?

Urs Heller publizierte seine Kritik unter dem Titel «Mahlers erste Sinfonie» auf der Online-Plattform von Gault-Millau. Hier ein Auszug: «Sechs sehr harmonische, eher sanfte Gänge, oft mit blitzsauberen Dashis als Basis und allzu oft mit als «Kaviar» deklarierte Fischeier als Komponente. Seine beste Nummer? Carabineros! Mahler knackte den feuerroten Prachtkrebs aus Südafrika aus der Schale, stellte aus der Karkasse ein wunderbares Carabinero-Öl und eine Krustentier-Essenz her. Ein vier Minuten im Dampf gegartes Eigelb kam dazu, floss nach der ersten Berührung in die Essenz. Mahlers coole Antwort auf die Onsen-Ei-Epidemie, die zurzeit grassiert in der Spitzenküche. «Die Krustentieressenz war auch perfekt und der teure Krebs erst recht: Kaum gewürzt, viel Eigengeschmack, unglaublich knackig. Fische sind offenbar sein Ding: Auch die Königsmakrele (Hamachi), mal gedämpft, mal geflämmt, mit ein paar Zitrus-Tropfen, gefiel, ebenso die Brüggli-Lachsforelle: sanft gegart, mit einer Safran-Dashi und einem tollen Miso-Schaum…»


Fotos: Holger Jacob
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